Dtsch Med Wochenschr 2024; 149(11): 606-607
DOI: 10.1055/a-2229-1111
Aktuell publiziert

Kommentar zu „Gestationshypertonie: Bessere Blutdruckkontrollen durch optimiertes Selbstmanagement“

Contributor(s):
Martin Middeke

Eine Blutdruckkontrolle und eine optimale postpartale Blutdruckeinstellung ist besonders wichtig bei Frauen, die eine Gestationshypertonie während der Schwangerschaft entwickelt haben oder sogar eine Präeklampsie überstanden haben. Diese Frauen entwickeln häufig eine chronische Hypertonie nach der Entbindung. Hier bestehen klare kausale Zusammenhänge und man kann daher von einer besonderen Form einer sekundären Hypertonie sprechen. Die Studie von Kitt et al. zeigt sehr schön, wie wirksam eine moderne multimodale Hypertoniebehandlung sein kann: Die Frauen erhielten Gerätschaften zur telemetrischen Übertragung der selbst gemessenen Werte. Diese wurden 2-mal täglich übertragen. Die medikamentöse Therapie wurde vom betreuenden Arzt auf der Basis der übertragenen Werte titriert. Zudem wurden Daten zur Bewegungsaktivität und Ernährung erhoben. Die Bewegungsaktivität wurde mit einem Akzelerometer am Handgelenk gemessen. Der Blutdruck war in der ambulanten Langzeitmessung über 24 Stunden nach 9 Monaten mit 114/71mmHg in der Interventionsgruppe signifikant niedriger im Vergleich zur Kontrollgruppe mit 120/77mmHg. Besonders bemerkenswert ist, dass in beiden Gruppen nach 9 Monaten nur noch ca. 12% Antihypertensiva einnahmen. Zuvor waren es in beiden Gruppen nach 6 Wochen ca. 30%.

Es gibt bisher in den Leitlinien keine allgemeingültigen Empfehlungen zu den Blutdruck-Zielwerten postpartal. Eine sehr niedrige und verträgliche Einstellung erscheint aber in mehrfacher Hinsicht sehr sinnvoll, um eine dauerhafte Manifestation der Hypertonie mit entsprechenden hypertensiven Folgeschäden bei diesen jungen Frauen (Durchschnittsalter 33 Jahre) zu vermeiden.

Bemerkenswert ist das Ergebnis auch, weil bei telemedizinischen Studien keine Verblindung möglich ist – wegen der Ausrüstung mit den Gerätschaften – und somit ein Bias in der Kontrollgruppe pro Blutdrucksenkung nicht vermieden werden kann: Die Frauen wissen nach entsprechender Aufklärung über den Studienablauf um die Bedeutung einer guten Blutdruckeinstellung. Dieser Aspekt erschwert jede kontrollierte Studie im Bereich der Telemedizin und kann auch mit dem besten Design nicht eliminiert werden.



Publication History

Article published online:
15 May 2024

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